Arterielle Hypertonie
Die Arterielle Hypertonie, oft verkürzt auch Hypertonie, Hypertonus, Hypertension oder im täglichen Sprachgebrauch Bluthochdruck genannt, ist ein Krankheitsbild, bei dem der Blutdruck des arteriellen Gefäßsystems chronisch erhöht ist. Nach Definition der WHO gilt ein systolischer Blutdruck von mindestens 140 mmHg oder ein diastolischer Blutdruck von mindestens 90 mmHg als Hypertonie. Nicht in dieser Definition eingeschlossen sind vorübergehende Blutdruckerhöhungen durch Erkrankung, Medikamente oder Schwangerschaft.
Ursachen
Ursachen der arteriellen Hypertonie sind Störungen des Hormonsystems, des Herz-Kreislaufsystems sowie Nierenschäden. Dem größten Teil der Erkrankungen liegen jedoch weitgehend unbekannte Faktoren zugrunde.
Die arterielle Hypertonie weist meist nur unspezifische Symptome auf. Folgeschäden wie die koronare Herzkrankheit mit der Folge von Herzinfarkten sowie Nierenversagen und Schlaganfall sind allerdings für einen Großteil der Todesfälle in den Industrieländern verantwortlich. Zur Behandlung stehen verschiedene Medikamentengruppen zur Verfügung, die in Verbindung mit Änderungen des Lebensstils den Blutdruck effektiv senken und das Risiko der Komplikationen deutlich mindern können.
Auch die Vererbung spielt eine große Rolle. Leiden beispielsweise die Eltern bereits unter Hypertonie, erhöht sich das Risiko, selbst von Bluthochdruck betroffen zu sein, um ein Vielfaches.
Symptome
Eine Hypertonie verläuft oft symptomlos oder verursacht nur uncharakteristische Beschwerden. Typisch ist ein am Morgen auftretender Kopfschmerz, der sich durch eine Erhöhung des Bettkopfendes verringern lässt. Weitere mögliche Symptome sind Schwindel, Übelkeit, Nasenbluten (Epistaxis), Abgeschlagenheit und Schlaflosigkeit. Bei stark erhöhtem Blutdruck können Luftnot (Dyspnoe) bei Belastung, Angina pectoris und Sehstörungen auftreten. Auffällige Veränderungen des Durstgefühls, bei der Häufigkeit des Wasserlassens, bei Schweißneigung oder Belastungsfähigkeit können ebenfalls Anzeichen eines erhöhten Blutdrucks sein. Die arterielle Hypertonie kann jedoch auch lange asymptomatisch (ohne Beschwerden) verlaufen. Häufig macht sie sich erst durch die Folgeschäden bemerkbar.
Folgen und Komplikationen
Arteriosklerose
Bluthochdruck ist als Risikofaktor für die Entwicklung der Arteriosklerose anerkannt. Kommen zum Risikofaktor Bluthochdruck noch Adipositas (starkes Übergewicht) sowie ein weiterer Risikofaktor – etwa Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder Fettstoffwechselstörungen (erhöhte Cholesterin-, bzw. LDL-Werte) – hinzu, besteht eine signifikant erhöhte Gefahr, im Laufe des Lebens eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden.
Nach Angaben der Deutschen Hochdruckliga werden 45 % der Todesfälle bei Männern und 50 % der Todesfälle bei Frauen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursacht, welche mit arterieller Hypertonie in Zusammenhang stehen, wie Koronare Herzkrankheit (KHK), Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Nierenversagen, Schlaganfall und Arterielle Verschlusskrankheit.
Die Inzidenz der KHK-Todesfälle hängt annähernd linear vom Blutdruck ab; sie steigt von 10/10.000 Personenjahre (normaler Blutdruck) bis auf 60/10.000 Personenjahre (systolischer Druck > 180 mmHg). Da leichte und mittlere Blutdruckerhöhungen viel häufiger sind als extreme Drücke von mehr als 180 mmHg, erleiden insgesamt deutlich mehr Menschen mit mittleren Blutdruckwerten kardiovaskuläre Ereignisse. Das bedeutet aber auch, dass gerade Menschen mit nur etwas erhöhtem Blutdruck ebenfalls erkannt und behandelt werden müssen, um die hohe Zahl von kardiovaskulär bedingten Todesfällen deutlich abzusenken.
Die arterielle Hypertonie ist nach dem Zigarettenrauchen der zweitwichtigste und zugleich der häufigste Risikofaktor für das Auftreten einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Heutzutage stirbt jeder zweite (51 %) Deutsche und Österreicher an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Allein 16.000 Österreicher sterben jährlich an einem Herzinfarkt.
Hypertensive Herzkrankheit (HHK)
Neben dem erhöhten Arterioskleroserisiko bewirkt ein dauerhaft zu hoher Blutdruck eine Schädigung des Herzmuskels. Die Muskulatur wird dicker und steifer, so dass das Herz sich in der Diastole nicht mehr so leicht entspannen und Blut ansaugen kann (diastolische Compliancestörung). Hierdurch kommt es zu einer schlechteren Füllung des Herzens und zu Symptomen einer Herzschwäche (diastolische Herzinsuffizienz). Im Weiteren tritt die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern gehäuft auf. Entsprechend echokardiographischer Kriterien wird die HHK in drei Stadien unterteilt (Relaxationsstörung, Pseudonormalisierung, Restriktion). Auch unter optimaler Therapie ist diese Folgeerscheinung weitgehend irreversibel.
Weitere Organschäden [
Der Bluthochdruck kann auch zu Veränderungen der Netzhautgefäße des Auges führen, so dass ein Fundus hypertonicus oder bei einer Bluthochdruckkrise auch eine seltene hypertensive Retinopathie auftreten kann.
Ebenfalls wird die Niere durch anhaltenden hohen Blutdruck geschädigt, und es kommt zur Einschränkung der Nierenfunktion (hypertensive Nephropathie).
Therapie
Das Ziel der Behandlung ist eine maximale Risikoreduktion kardiovaskulär bedingter Krankheit (Morbidität) und Sterblichkeit (Mortalität). Dazu müssen neben der Blutdruck-Therapie auch alle anderen beeinflussbaren Risikofaktoren identifiziert und reduziert werden.[9]
Eine signifikante Senkung der Sterblichkeit (Letalität) durch die medikamentöse Behandlung wurde in großen, placebokontrollierten Studien nachgewiesen. Durchschnittlich kann dabei eine Senkung des relativen Risikos von 12–15 % erreicht werden. Dies gilt auch für die isoliert systolische Hypertonie und ist vom Geschlecht unabhängig. Die Gesamtzahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle wird deutlich verringert.
Allgemeinmaßnahmen:
Der Veränderung des Lebensstils kommt als Grundlage der Therapie eine wichtige Rolle zu. Das gilt gleichermaßen für Patienten vor Beginn einer medikamentösen Therapie und für solche, die bereits behandelt werden.
Faktoren, die nachgewiesenermaßen den Blutdruck und das kardiovaskuläre Risiko senken können, sind:
- Die Beendigung des Rauchens bewirkt keine direkte Blutdrucksenkung, ist aber vermutlich die wichtigste Maßnahme, um das Risiko von Komplikationen zu vermindern. Personen, die das Rauchen im mittleren Lebensalter aufgeben, haben eine genauso lange Lebenserwartung wie Nichtraucher. Rauchen vermindert zudem die Wirksamkeit einiger antihypertensiver Medikamente wie etwa von Betablockern.[21]
- Alkoholkonsum und das Auftreten von Bluthochdruck korrelieren positiv miteinander, zudem ist bei hohem Alkoholkonsum das Schlaganfallrisiko deutlich erhöht. Alkohol reduziert ebenfalls die Wirksamkeit der medikamentösen Therapie. Die maximale Alkoholmenge sollte pro Tag 30 g bei Männern und 20 g bei Frauen nicht übersteigen. Durch die Einschränkung des Konsums lässt sich eine Blutdrucksenkung um 2–4 mmHg bewirken.[17]
- Eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht (Adipositas) kann den Blutdruck deutlich senken (5–20 mmHg pro 10 kg) und beeinflusst Insulinresistenz, Diabetes mellitus, erhöhte Blutfettwerte und Herzinsuffizienz positiv. Eine Kombination mit anderen Allgemeinmaßnahmen erhöht dabei die Effekte. Eine Lebensstiländerung mit Gewichtsreduktion durch Ernährungsumstellung und Sport senkt nicht nur den Blutdruck, sondern vermindert durch Vor- und Nachlastsenkung am Herzen auch deutlich die linksventrikuläre Muskelmasse. Bei jedem zweiten Patienten sinkt der Blutdruck mit dem Gewicht. Warum nur etwa die Hälfte der Patienten messbar auf eine Gewichtsabnahme anspricht, ist derzeit Gegenstand der Forschung. Der Blutzucker hingegen sinkt bei jedem Patienten, der Übergewicht abbaut, prozentual im Mittel deutlicher als der Blutdruck.
- Regelmäßige körperliche Aktivität senkt schon bei geringer Intensität den Blutdruck um 4–9 mmHg. Die beste Wirkung wird erreicht, wenn mehrmals die Woche über mindestens 30 Minuten Sport getrieben wird. Geeignet sind Schwimmen, Laufen und Wandern, nicht hingegen Sportarten mit großer Kraftanstrengung wie etwa Gewichtheben. Die körperliche Aktivität ist ein sensitiver Prädiktor für kardiovaskuläre Sterblichkeit.
- Der übermässige Konsum von Kochsalz kann zur Häufigkeit und Ausmaß des Bluthochdrucks beitragen. Eine Reduktion des täglichen Konsums auf unter sechs Gramm kann eine Senkung des Blutdrucks von bis zu 8 mmHg bewirken, in Kombination mit anderen Maßnahmen noch mehr. Die Wirkung von blutdrucksenkenden Mitteln wird durch eine solche Reduktion verstärkt. Wer täglich 2,5 g weniger Kochsalz (1 g Natrium) zu sich nimmt, vermindert sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um ein Viertel. Nach einer Modellrechnung im New England Journal of Medicine würde allein in den USA der tägliche Verzicht auf 3 g Salz pro Person 44.000 bis 92.000 weniger Todesfälle pro Jahr bedeuten. Die Autoren der Studie rechnen mit 54.000 bis 99.000 weniger Herzinfarkten und 32.000 bis 66.000 weniger Schlaganfällen im Jahr.]
- Der Körper benötigt ausreichend Kalium, um Hypertonie und Schlaganfällen vorzubeugen und entgegenzuwirken. Ein ausgewogenes Verhältnis von Natrium und Kalium ist für die Regulation des Blutdrucks besonders wichtig. Die Reduzierung des täglichen Kochsalzkonsums und die Steigerung der Kaliumzufuhr sind daher eine relativ einfache Methode, etwas für die Gesundheit zu tun. Um mehr Kalium zu sich zu nehmen, wird empfohlen, mehr Obst und Gemüse zu essen, denn die enthalten vor allem viel Kaliumcitrat, das nachweislich den Blutdruck senkt.
- Ein vermehrter Konsum von Obst, Gemüse und Fisch sowie die Reduktion von gesättigten Fettsäuren ist ein weiteres effektives Mittel, um eine Blutdrucksenkung zu bewirken (8–14 mmHg) und das kardiosvaskuläre Gesamtrisiko zu begrenzen.
- Omega-3-Fettsäuren können ebenfalls zur Blutdrucksenkung beitragen und reduzieren die Wahrscheinlichkeit kardiovaskulärer Komplikationen.
- Traditionell nehmen die Chinesen getrocknete Bocksdornbeeren (Goji) gegen hohen Blutdruck; medizinische Studien hierzu sind nicht bekannt.